Die zunehmende Digitalisierung aller Lebensbereiche führt nicht nur zu einer massiven Ausweitung digital verfügbarer Daten, sie bietet auch völlig neue Möglichkeiten der Prozess-, Produkt- und Geschäftsmodellgestaltung – mit gravierenden Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen.
Forschungsergebnisse zeigen bereits seit längerem, dass die Fähigkeit Informationen zu erschließen und betriebswirtschaftlich zu nutzen, zu dem zentralen Wettbewerbsfaktor geworden sind. Information gilt als die strategische Ressource des 21. Jahrhunderts.*
Ziel ist es nicht mehr nur Information als Grundlage für aktuelle Entscheidungen im angestammten Geschäftsumfeld zu nutzen. Informationen sind vielmehr selbst Bestandteil von Innovationen, welche Prozesse, Produkte und Geschäftsmodelle grundlegend verändern.
Aktuelle Studienergebnisse zeigen, dass das Markt- und Wettbewerbsumfeld von den Unternehmen durchaus als herausfordernd beschrieben wird. Sowohl die Komplexität, die Wettbewerbsintensität aber auch die Veränderungsgeschwindigkeit/Dynamik werden als hoch/sehr hoch eingeschätzt.**
Zusätzlich zu diesen allgemeinen Rahmenbedingungen sehen 72% der Teilnehmer ihre Branche stark von der digitalen Transformation betroffen. Allerdings schätzen nur rund 27 % ihr Unternehmen als sehr gut/gut vorbereitet.
Neben der teilweise noch ausbaufähigen Methodenkompetenz im Umgang mit Daten und Analytik zur Umsetzung der eigenen Digitalisierungsstrategie scheinen viele Unternehmen die Wucht der digitalen Veränderung immer noch massiv zu unterschätzen.
Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen, dass –selbst im Kontext der digitalen Transformation– ofensichtlich immer noch sehr analog gedacht wird.***
Unter Digitaler Transformation wird vor allem die Digitalisierung bestehender Geschäftsprozesse verstanden, gefolgt von Entwicklung neuer Geschäftsmodelle für bestehende physische Produkte.
Die potenzielle Konkurrenz durch vollständig digitale Unternehmen wird hingegen als nicht so dramatisch eingeschätzt.
Forschungsergebnisse zeigen allerdings auch, dass die massive disruptive Wirkung der Digitalisierung gerade dadurch entsteht, dass neben Geschäftsprozessen insbesondere Produkte/Services in Verbindung mit Plattform-Geschäftsmodellen digitalisiert werden.
Die potenzielle Tragweite bzw. disruptive Wirkung der digitalen Transformation wird von vielen Unternehmen allerdings offensichtlich immer noch massiv unterschätzt.
Diese Vernachlässigung der Wirkung von Digitalisierung auf Produkt/Serviceebene i.V.m. Plattformansätzen kann dramatische Folgen haben.
Möglicherweise werden Kundenbedürfnisse zukünftig nicht mehr durch ein anderes physisches Produkt, sondern durch einen digitalen Service ersetzt. Beispielsweise Navigations-App statt physischer Landkarte, Gesichtserkennung zur Türöffnung statt physischem Schlüssel oder Mobilitätsservice statt eigenem Auto.
Eine reine Konzentration auf bestehende physische Produkte scheint daher dem Veränderungspotenzial der digitalen Transformation nicht gerecht zu werden.
Drastisch formuliert könnte man sagen: Es besteht die Gefahr, dass Unternehmen am Ende optimierte, digitale Geschäftsprozesse besitzen, für ein physisches Produkt, das keiner mehr haben möchte.
Hinzu kommt, dass digitale Produkte/Services im Vergleich zu physischen Produkten erhebliches betriebswirtschaftliches Potenzial besitzen. An dieser Stelle seien nur einige beispielhaft skizziert:
Trotz eines beobachtbaren „Unwohlseins“ im Kontext der digitalen Transformation ist das tatsächliche Ausmaß der Veränderungen offensichtlich vielfach noch nicht durchgedrungen.
Dies scheint damit zusammenzuhängen, dass es Wissensdefizite darüber gibt, wie Information als strategische Ressource genutzt werden kann. (siehe Beitrag: Digitale Transformation in der Unternehmenssteuerung – zwischen Wunsch und Wirklichkeit)
Auch wenn viele Unternehmen sich im Umfeld der Digitalen Ökonomie noch mit eher grundsätzlichen Problemen auseinandersetzen, beginnen sie zunehmend die fundamentalen Auswirkungen auf die Durchführung des Geschäftsbetriebs sowie auf die generierten Einnahmen eines Unternehmens zu sehen.
Daten i.V.m. der entsprechenden Analytik können dabei grundsätzlich für unterschiedliche Ziele eingesetzt werden. Da die Komplexität hinsichtlich Betriebswirtschaft auf der einen Seite und Daten/Analytik auf der anderen Seite zunimmt, können dieses Ansätze auch als Reifegrade verstanden werden (Stufen in Anlehnung an Bitkom).
Den Spitzenplatz hinsichtlich der Ausrichtung der Digitalisierungsinitiativen der befragten Unternehmen belegt dabei der Ansatz Optimize.
Platz 2 belegt der Ansatz Leverage.
Die Monetarisierung bestehender Rohdaten, ggf. angereichert durch Analytik steht dagegen nicht im Fokus der Digitalisierungsinitiativen.
Grund hierfür könnte ein Wissensdefizit sein, da die Unternehmen die Wirkungen der Digitalisierung primär auf ihre aktuellen Produkte und Geschäftsmodelle projizieren.
Dieses Wissensdefizit könnte -wie eingangs skizziert- dramatische Folgen haben. Die vielfach beschworene disruptive Wirkung der digitalen Transformation setzt -wie an den Geschäftsmodellen von Amazon, Alphabet, Alibaba, Tencent gut sichtbar- genau an dieser Stelle an.
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* (Kiron D., Shockley R.: Creating business value with analytics. In: Sloan Management Review, 53 (1), 2011 und Chen H., Chiang R., Storey V.: Business intelligence and analytics: from big data to big impact. In: MIS Quarterly, 36 (4), 2012.)
** (Seufert, A./ Engelbergs, J./ von Daacke, M./ Treitz R: Digitale Transformation und Controlling – Erkenntnisse aus der empirischen Forschung des ICV. In: Controllermagazin (Jan/Feb), 2019).
*** (Seufert, A./ Engelbergs, J./ von Daacke, M./ Treitz R: Digitale Transformation und Controlling – Erkenntnisse aus der empirischen Forschung des ICV. In: Controllermagazin (Jan/Feb), 2019.)